Die Bundesregierung hat im März 2024 mit dem sogenannten „Wachstumschancengesetz“ im „Business to Business“-Bereich (B2B) verpflichtende Regeln für die künftige Nutzung von E-Rechnungen festgelegt.
Da fragt sich mancher von uns: Besteht Handlungsbedarf für uns als gemeinnützige Organisationen?
Meine kurze Antwort: Wie so oft gilt auch hier - es besteht für uns erstmal keinerlei Dringlichkeit!
Es geht aber auch etwas ausführlicher:
1. Was sind eigentlich „E-Rechnungen“?
Mit dem Begriff E-Rechnungen sind digitale Rechnungen gemeint, bei denen die relevanten Inhalte in einem genormten maschinenlesbaren Format („xml-Format“) gespeichert sind. Damit sind vor allem zwei Vorteile verbunden:
- Wenn der Rechnungsempfänger eine zeitgemäße Buchhaltung hat, dann kann eine E-Rechnung automatisiert eingelesen und digital verarbeitet werden - das kann sehr viel Arbeit einsparen.
- Der andere Vorteil betrifft die Steuerbehörden: Durch das standardisierte Format verspricht man sich nämlich bessere Möglichkeiten bei der Umsatzsteuerprüfung - und die Finanzminister·innen der EU erhoffen sich, dass Steuerausfälle durch Umsatzsteuerbetrug damit weitestgehend vermieden werden.
2. Wie werden E-Rechnungen technisch umgetzt?
Es gibt im wesentlichen zwei technische Alternativen für die E-Rechnungen:
- Die XRechnung nach EN-16931: Diese besteht ausschließlich aus einer maschinenlesbaren xml-Datei. Zum Lesen der Rechnung braucht man eine spezielle Software - wobei wir davon ausgehen können, dass solche Software bald genauso verbreitet sein wird wie heutzutage beispielsweise Leseprogramme für PDF-Dateien.
- Alternativ gibt es einen Standard mit dem lustigen Namen ZUGFeRD: Dabei handelt es sich im Grunde um eine PDF-Datei, in die ein „Container“ mit den XML-Daten eingebunden ist. Die Idee dahinter ist: Die Empfänger·innen können einfach mit ihren menschlichen Augen die PDF-Rechnung lesen, während das Buchhaltungssystem automatisiert die eingearbeiteten XML-Daten verarbeitet.
Der Haken bei ZUGFeRD: Es ist nicht gesichert, dass die „menschenlesbare“ PDF-Datei dieselben Daten enthält wie die XML-Daten! Durch Softwarefehler, aber auch durch betrügerisches Vorgehen bei der Ausstellung der Rechnung könnte die PDF-Datei einen Betrag von z.B. 10,00€ ausweisen, während die XML-Daten einen Betrag von 10.000€ beinhalten, der bei der Verarbeitung der Rechnung in der Buchhaltung dann automatisch überwiesen wird. Die gesetzliche Regelung sieht nämlich vor, dass die XML-Daten die verbindlichen Daten sind - die PDF-Datei enthält lediglich eine unverbindliche Visualisierung. Ich befürchte, dass es sich zur Vermeidung solcher Fehlüberweisungen einbürgern wird, dass auch die ZUGFeRD-Rechnungen regelmäßig mit einem E-Rechnungs-Anzeigeprogramm kontrolliert werden.
3. Und was ändert sich nun konkret für uns?
Zum Glück sind die unmittelbaren Auswirkungen für die allermeisten Vereine und Stiftungen erstmal sehr gering:
- Beim Rechnungsempfang muss man sich in der Tat darauf einstellen, dass „plötzlich“ E-Rechnungen „hereinflattern“.
- Hier ist im Vorteil, wer mit Datev arbeitet: Denn mit „Datev Unternehmen online“ können E-Rechnungen bereits jetzt hochgeladen und verarbeitet werden und sind dann rechtssicher in der Buchhaltung abgelegt. Manche andere Buchhaltungssysteme können das wohl genauso.
- Falls dies in eurem Fall jedoch nicht möglich (oder nicht erwünscht) ist, lässt sich eine einfache Software verwenden, mit der die XML-Inhalte eine E-Rechnung visualisiert werden können. Es gibt verschiedene Lösungen - z.B. die Open-Source-Software Quba (https://quba-viewer.org/).
Interessant wird es allerdings für alle Organisationen, die einen umsatzsteuerpflichtigen Zweckbetrieb oder gewerblichen Geschäftsbetrieb haben:
Hier gilt grundsätzlich die Pflicht, bei Rechnungen an andere Unternehmen eine E-Rechnung auszustellen.
Zum Glück gibt es hier längere Übergangsregelungen: Erst ab 1.1.2027 besteht die Pflicht, E-Rechnungen ausstellen, für Kleinbetriebe mit einem Vorjahresumsatz von < 800.000€ sogar erst ab 1.1.2028. Und auch das gilt nur, wenn es um Rechnungen an andere Unternehmen geht - denn Umsätze an private Endverbraucher (B2C), und übrigens auch grenzüberschreitende B2B-Umsätze, sind bislang nicht von der E-Rechnungspflicht betroffen.
4. Was bedeutet das für CiviCRM?
Tatsächlich kommt CiviCRM beim Ausstellen solcher Rechnungen ins Spiel: Es gibt bekanntlich in CiviCRM eine Funktion, mit der PDF-Rechnungen geschrieben und optional auch automatisiert per E-Mail versendet werden können. Da geht es z.B. um Rechnungen für Teilnahmegebühren zu Veranstaltungen, oder Rechnungen für Abos von Mitglieder- oder Fachzeitschriften. Da hierbei als Rechnungsempfänger durchaus auch Unternehmen enthalten sein können, besteht dem Grunde nach die E-Rechnungs-Pflicht.
Damit ist klar: Rechtzeitig vor dem Ablauf der Übergangsfrist brauchen wir in CiviCRM eine Erweiterung der PDF-Rechnungsfunktion. Auch wenn zunächst nur eine überschaubare Anzahl von Organisationen E-Rechnungs-pflichtig sein wird, planen wir bei civiservice.de eine Erweiterung von CiviCRM, so dass die erzeugten PDF-Rechnungen auch als E-Rechnung geschrieben werden können. Ob dies nach dem ZUGFeRD-Standard oder nach der europäischen Norm EN-16931 gemacht werden sollte? Dazu habe ich noch keine gefestigte Meinung, aber noch ist ja auch Zeit, die praktischen Erfahrungen auszuwerten.
Insgesamt sehe ich dieses Thema ziemlich entspannt. Es erinnert mich an die aufgeregten Diskussionen vor 10 Jahren, als der altbewährte deutsche Standard für Banklastschriften zugunsten von SEPA-Mandaten aufgegeben wurde: Auch das haben wir mit CiviCRM gut bewältigt.